1 weltherrschaftliche Autobatterie mit LTO-Zellen bauen
Verfasst: Do 3. Jun 2021, 12:17
Zuerst ein Teaser-Bild:
Moin zusammen, es ist natürlich doof wenn auf dem Weg zur Weltherrschaft die Karre streikt bzw. gar nicht erst anspringt. Nachdem also letzte Woche die Batterie ihren Zustand von "ok" über "gerade noch ok" zu "braucht bei jedem Start Starthilfe" gewechselt hatte, musste eine Lösung her. Zwar konnte mittels meiner A123 Packs und dem in weiser Voraussicht vorbereitetem, festinstallierten Verbindungsstecker die Starthilfe in 2min abgeschlossen werden, wenn aber einem währenddessen der Regen in den Nacken nieselt ist das trotzdem verbesserungswürdig.
Also war nun die Motivation gegeben, die seit knapp einem Jahr hier rumliegenden Komponenten endlich zum Einsatz zu bringen.
Als Zellen kommen die famosen Yinlong LTO 60160H 40Ah Zellen zum Einsatz. Wenn man den Datenblättern Glauben schenken darf, glänzen sie mit diesen Vorzügen:
- 25 Jahre shelf life
- 10.000+ Vollzyklen
- 1.000A Kurzzeitbelastung möglich
- -20°C - 50°C Temperaturbereich
- eigen- und misshandlungssicher, brennen nie ab
Normalerweise werden diese in chinesischen Elektrobussen eingesetzt. Die dort ausgesonderten werden auch verkauft, man muss also etwas aufpassen dass man sich keinen alten Schrott andrehen lässt.
Dann also frisch ans Werk, hier die Galerie in Vollauflösung:
https://imgur.com/a/JOU0Jla
Das Gehäuse wird aus 4mm GFK-Platten (FR4) hergestellt, welche mittels 8x8mm Aluprofilen verschraubt werden. In diese Profile wurden M3 Gewinde geformt. Das GFK wurde mittels der lustigen kleinen Proxxon-Tischkreissäge geschnitten, die Sechskant-Aussparungen für die Pole hat ein Kollege mit der CNC gemacht.
Die Pole wurden auf Messingplatten geschraubt, um später die Verbindungskabel gut anbringen zu können:
Die Unterseite des Gehäuses, bevor der Boden draufkam:
Kurzer Test, ja, passt:
Deckel passt auch:
Nur bestes Material, um die 6mm² Silikon-Verbindungskabel zu kontaktieren:
Das Kupferblech kommt später an die Zelle:
Die Zellen werden untereinander zuerst mit 3M Schaumklebeband und dann mit Kupferstreifen verbunden. Wichtig ist hierbei, dass sogenannte "Cupal-Scheiben" zum Einsatz kommen, da es sonst komische elektrochemische Effekte zwischen dem Alu und dem Kupfer gibt, die man wirklich nicht möchte. Auf die Drehmoment-Angaben habe ich nicht besonders geachtet. Irgendwann kommt der Moment, wo sich die Muttern trotz steigender Handkraft nicht mehr weiterdrehen, da hab ich dann aufgehört. Damit sich die Kabel-Anschlussbleche auf keinen Fall berühren, auch wenn die Hauptverschraubung losrappelt, habe ich den Abstandhalter aus grünem GFK angeschraubt.
Nun wird der Niederhalter montiert. Das sind 2 Aluprofile, welche die Zellen nachher leicht nach unten drücken. Oben ist die Trägerplatte, auf welcher die Balance-Elektronik montiert und verdrahtet wird.
Rechts kann man eine 15mm EPP-Platte mit Löchern für die Kontaktgewinde sehen. Diese polstern seitlich ab und sind zusätzlich Losdrehsicherungen, da sie durchaus fest auf die Muttern drücken. Das Gehäuse wird innen an den Kontaktpunkten zu den Zellwandungen ebenfalls mit Schaumklebeband beklebt. Das sitzt alles schon sehr stramm, man muss die Zellen mit Gewalt reindrücken nachher.
Links befindet sich ein induktiver Active Equalizer, in der Mitte ein Limiter der bei 2,7V anfängt zu entladen, und rechts ein kapazitiver Active Equalizer. Dieser hat den Vorteil von höheren Strömen und besserer Genauigkeit, braucht aber 15mA Ruhestrom. Deswegen wird er über ein Relais aktiviert welches mit D+ von der Lichtmaschine verbunden wird, er läuft also nur wenn es auch der Motor tut.
Dann wird der ganze Gruscht ins Gehäuse verfrachtet. Zum Glück fiel mir rechtzeitig ein, die Aluprofile oben mit Gaffatape zu isolieren, sonst hätte es bestimmt gut geknallt beim Zurechtrücken des Deckels.
Hier kann man auch schön erkennen, warum ich mehrere dünne statt eines dicken Kabels genommen habe. So ist das deutlich geschmeidiger:
Am Ende noch ein Stück Schaumgummi, um die Wagoklemmen an Ort und Stelle zu halten. Die wurden auch mit Schaumklebeband an der Trägerplatte und untereinander fixiert, da sollte nix mehr verrutschen:
Der Einbau in den Autowagen war etwas knifflig. Es passt aber millimetergenau, vor allem die Länge ist kritisch. 5mm mehr, und ich hätte an den Verschraubungsstangen rumbiegen müssen. Seitlich ist zum Glück mehr Platz, und nach oben sind auch noch einige Zentimeter Luft.
Der Schaltkasten für mein ganzen Zusatzgeleucht passt glücklicherweise auch so gerade eben gut rein:
Viel Platz seitlich:
Die Lichtelektrik, ich blick selber nicht mehr ganz genau was ich damals gemacht habe, zum Glück funktioniert alles gut:
Soweit funktioniert es, einen erfolgreichen Start habe ich schon gemacht. Jetzt gerade wird der Akku entladen. Ich möchte testen, ob bei leerem Akku die Lichtmaschine an ihre Grenzen gebracht wird oder nicht.
Der Test ergibt: Sie wird es nicht. Zum Startzeitpunkt hatte die Lichtmaschine 20°C und lieferte ca. 60A. 10A braucht das Auto an sich, 50A flossen in die Batterie. Nach ca. 10min hat sich die Temperatur der Lichtmaschine auf 70°C erhöht, der Ladestrom war auf 20A abgesunken. Dort blieb er auch, obwohl die Batteriespannung zu dem Zeitpunkt nur bei 13,2V lag. Nach 15min war der Ladestrom unverändert, und die Temperatur lag bei 75°C. Leichtes Gasgeben erhöhte den Ladestrom temporär auf 30A, im Leerlauf ging er direkt wieder runter auf 20A.
Ich bin begeistert. Offensichtlich ist bereits irgendeine Form von Schutzmechanismus eingebaut, welche den Ladestrom in Abhängigkeit von der Temperatur verringert, um eine Überlastung zu vermeiden.
Edit: Ich vergaß noch zu erwähnen, dass ich die Ladespannung meiner Lichtmaschine angepasst habe. 14V waren etwas zu wenig, vor allem, wenn noch eine Last dazukommt. Die Vorgehensweise ist einfach: Man guckt in den Sicherungskasten und zieht die Sicherung, welche den Pluspol der Batterie mit dem Erreger- bzw. Reglereingang der Lichtmaschine verbindet. Hier wird dann sowas reingesteckt, ein KFZ Sicherung Stromabgreifer.
https://www.ebay.de/itm/222868415102
Das Einzelkabel wird abgeschnitten, der Sicherungshalter mit der Original-Sicherung bestückt, und ein Kabel aufgetrennt und mit einer 5-10A belastbaren Diode verbunden. Ich hab einen Gleichrichter genommen, der lässt sich schöner auf ein kleines Kühlblech schrauben. Man hat also nun statt der ursprünglichen Sicherung eine Sicherung und die Diode in Serie. Der Spannungsabfall der Diode suggeriert dem Lichtmaschinenregler eine geringere Spannung, die tatsächliche Spannung wird also leicht hochgeregelt. Je nachdem wieviel man möchte wird die Diode oder der Gleichrichter entsprechend gewählt/verschaltet. Bei mir kommen nun 14,4V raus, genau passend. Wie rum die Diode muss, lässt sich leicht rausfinden: Lädt die Lichtmaschine nicht, steckt man den Adapter andersrum in die Sicherungsaufnahme.
Edit: Alles nicht ganz so einfach, aber hier ist die Lösung:
viewtopic.php?p=392220#p392220
Moin zusammen, es ist natürlich doof wenn auf dem Weg zur Weltherrschaft die Karre streikt bzw. gar nicht erst anspringt. Nachdem also letzte Woche die Batterie ihren Zustand von "ok" über "gerade noch ok" zu "braucht bei jedem Start Starthilfe" gewechselt hatte, musste eine Lösung her. Zwar konnte mittels meiner A123 Packs und dem in weiser Voraussicht vorbereitetem, festinstallierten Verbindungsstecker die Starthilfe in 2min abgeschlossen werden, wenn aber einem währenddessen der Regen in den Nacken nieselt ist das trotzdem verbesserungswürdig.
Also war nun die Motivation gegeben, die seit knapp einem Jahr hier rumliegenden Komponenten endlich zum Einsatz zu bringen.
Als Zellen kommen die famosen Yinlong LTO 60160H 40Ah Zellen zum Einsatz. Wenn man den Datenblättern Glauben schenken darf, glänzen sie mit diesen Vorzügen:
- 25 Jahre shelf life
- 10.000+ Vollzyklen
- 1.000A Kurzzeitbelastung möglich
- -20°C - 50°C Temperaturbereich
- eigen- und misshandlungssicher, brennen nie ab
Normalerweise werden diese in chinesischen Elektrobussen eingesetzt. Die dort ausgesonderten werden auch verkauft, man muss also etwas aufpassen dass man sich keinen alten Schrott andrehen lässt.
Dann also frisch ans Werk, hier die Galerie in Vollauflösung:
https://imgur.com/a/JOU0Jla
Das Gehäuse wird aus 4mm GFK-Platten (FR4) hergestellt, welche mittels 8x8mm Aluprofilen verschraubt werden. In diese Profile wurden M3 Gewinde geformt. Das GFK wurde mittels der lustigen kleinen Proxxon-Tischkreissäge geschnitten, die Sechskant-Aussparungen für die Pole hat ein Kollege mit der CNC gemacht.
Die Pole wurden auf Messingplatten geschraubt, um später die Verbindungskabel gut anbringen zu können:
Die Unterseite des Gehäuses, bevor der Boden draufkam:
Kurzer Test, ja, passt:
Deckel passt auch:
Nur bestes Material, um die 6mm² Silikon-Verbindungskabel zu kontaktieren:
Das Kupferblech kommt später an die Zelle:
Die Zellen werden untereinander zuerst mit 3M Schaumklebeband und dann mit Kupferstreifen verbunden. Wichtig ist hierbei, dass sogenannte "Cupal-Scheiben" zum Einsatz kommen, da es sonst komische elektrochemische Effekte zwischen dem Alu und dem Kupfer gibt, die man wirklich nicht möchte. Auf die Drehmoment-Angaben habe ich nicht besonders geachtet. Irgendwann kommt der Moment, wo sich die Muttern trotz steigender Handkraft nicht mehr weiterdrehen, da hab ich dann aufgehört. Damit sich die Kabel-Anschlussbleche auf keinen Fall berühren, auch wenn die Hauptverschraubung losrappelt, habe ich den Abstandhalter aus grünem GFK angeschraubt.
Nun wird der Niederhalter montiert. Das sind 2 Aluprofile, welche die Zellen nachher leicht nach unten drücken. Oben ist die Trägerplatte, auf welcher die Balance-Elektronik montiert und verdrahtet wird.
Rechts kann man eine 15mm EPP-Platte mit Löchern für die Kontaktgewinde sehen. Diese polstern seitlich ab und sind zusätzlich Losdrehsicherungen, da sie durchaus fest auf die Muttern drücken. Das Gehäuse wird innen an den Kontaktpunkten zu den Zellwandungen ebenfalls mit Schaumklebeband beklebt. Das sitzt alles schon sehr stramm, man muss die Zellen mit Gewalt reindrücken nachher.
Links befindet sich ein induktiver Active Equalizer, in der Mitte ein Limiter der bei 2,7V anfängt zu entladen, und rechts ein kapazitiver Active Equalizer. Dieser hat den Vorteil von höheren Strömen und besserer Genauigkeit, braucht aber 15mA Ruhestrom. Deswegen wird er über ein Relais aktiviert welches mit D+ von der Lichtmaschine verbunden wird, er läuft also nur wenn es auch der Motor tut.
Dann wird der ganze Gruscht ins Gehäuse verfrachtet. Zum Glück fiel mir rechtzeitig ein, die Aluprofile oben mit Gaffatape zu isolieren, sonst hätte es bestimmt gut geknallt beim Zurechtrücken des Deckels.
Hier kann man auch schön erkennen, warum ich mehrere dünne statt eines dicken Kabels genommen habe. So ist das deutlich geschmeidiger:
Am Ende noch ein Stück Schaumgummi, um die Wagoklemmen an Ort und Stelle zu halten. Die wurden auch mit Schaumklebeband an der Trägerplatte und untereinander fixiert, da sollte nix mehr verrutschen:
Der Einbau in den Autowagen war etwas knifflig. Es passt aber millimetergenau, vor allem die Länge ist kritisch. 5mm mehr, und ich hätte an den Verschraubungsstangen rumbiegen müssen. Seitlich ist zum Glück mehr Platz, und nach oben sind auch noch einige Zentimeter Luft.
Der Schaltkasten für mein ganzen Zusatzgeleucht passt glücklicherweise auch so gerade eben gut rein:
Viel Platz seitlich:
Die Lichtelektrik, ich blick selber nicht mehr ganz genau was ich damals gemacht habe, zum Glück funktioniert alles gut:
Soweit funktioniert es, einen erfolgreichen Start habe ich schon gemacht. Jetzt gerade wird der Akku entladen. Ich möchte testen, ob bei leerem Akku die Lichtmaschine an ihre Grenzen gebracht wird oder nicht.
Der Test ergibt: Sie wird es nicht. Zum Startzeitpunkt hatte die Lichtmaschine 20°C und lieferte ca. 60A. 10A braucht das Auto an sich, 50A flossen in die Batterie. Nach ca. 10min hat sich die Temperatur der Lichtmaschine auf 70°C erhöht, der Ladestrom war auf 20A abgesunken. Dort blieb er auch, obwohl die Batteriespannung zu dem Zeitpunkt nur bei 13,2V lag. Nach 15min war der Ladestrom unverändert, und die Temperatur lag bei 75°C. Leichtes Gasgeben erhöhte den Ladestrom temporär auf 30A, im Leerlauf ging er direkt wieder runter auf 20A.
Ich bin begeistert. Offensichtlich ist bereits irgendeine Form von Schutzmechanismus eingebaut, welche den Ladestrom in Abhängigkeit von der Temperatur verringert, um eine Überlastung zu vermeiden.
Edit: Ich vergaß noch zu erwähnen, dass ich die Ladespannung meiner Lichtmaschine angepasst habe. 14V waren etwas zu wenig, vor allem, wenn noch eine Last dazukommt. Die Vorgehensweise ist einfach: Man guckt in den Sicherungskasten und zieht die Sicherung, welche den Pluspol der Batterie mit dem Erreger- bzw. Reglereingang der Lichtmaschine verbindet. Hier wird dann sowas reingesteckt, ein KFZ Sicherung Stromabgreifer.
https://www.ebay.de/itm/222868415102
Das Einzelkabel wird abgeschnitten, der Sicherungshalter mit der Original-Sicherung bestückt, und ein Kabel aufgetrennt und mit einer 5-10A belastbaren Diode verbunden. Ich hab einen Gleichrichter genommen, der lässt sich schöner auf ein kleines Kühlblech schrauben. Man hat also nun statt der ursprünglichen Sicherung eine Sicherung und die Diode in Serie. Der Spannungsabfall der Diode suggeriert dem Lichtmaschinenregler eine geringere Spannung, die tatsächliche Spannung wird also leicht hochgeregelt. Je nachdem wieviel man möchte wird die Diode oder der Gleichrichter entsprechend gewählt/verschaltet. Bei mir kommen nun 14,4V raus, genau passend. Wie rum die Diode muss, lässt sich leicht rausfinden: Lädt die Lichtmaschine nicht, steckt man den Adapter andersrum in die Sicherungsaufnahme.
Edit: Alles nicht ganz so einfach, aber hier ist die Lösung:
viewtopic.php?p=392220#p392220