Berechnen eines Röhrenverstärkers

Der chaotische Hauptfaden

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Matze
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Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von Matze »

Guten Tag allerseits

Wie ihr im Titel des Themas seht bezieht sich meine Frage auf das berechnen eines Röhrenverstärker.

Ich hab schon lange den Wunsch mir einen Verstärker zu Bauen der komplett auf aktive Halbleiter verzichtet.(Dennoch soll er auch nach heutigen Standards qualitativ hochwertig sein.)
Diesen Wunsch möchte ich mir in den nächsten Jahren erfüllen. Mein Problem ist jedoch, dass ich nicht weiß wie man diesen berechnet. Wo fängt man bei den Berechnungen an? Und in welcher Reihenfolge arbeitet man sich vor? usw,...

Nun zu meinen konkreten Vorstellungen: (Wenn irgendwas wirklich absolut unmöglich ist sagt's mir)

-Stereo Verstärker
-2xGU50 im Gegentakt pro Kanal(je 100W pro Kanal)
-Komplette Heizung mit 12.6V (Also Vorstufe etc. mit E-Röhren)
-Klangregelung und Aussteurungsanzeige(EM84)
-"Umschaltbar" zu Kophörerverstärker(wenn sinnvoll)
-Gleichrichtung der Anodenspannung mit EY88(hab da bald 12 Stück zur Verfügung)
-Möglichst mit vorhandenen Röhren, würde aber einzelne Röhren wenn nötig nachkaufen(Liste der verfügbaren Röhren liefere ich später nach)


Ich bedanke mich schon mal im voraus für eure Hilfe! :)
Mit freundlichen Grüßen
Matze



P.s. Es sollte vielleicht gesagt werden, dass ich weiß welches Ende des Lötkolbens heiß ist.
Ich weiß über elektrische Sicherheit bescheid und bin auch sonst kein Fremder was Elektronik betrifft.
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TecVictor
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von TecVictor »

Holla du solltest dich aufheben Fall erstmal einlesen. Das ist jetzt nicht böse gemeint aber wen du das getan hast wirst du sicher feststellen müssen dass du unmöglich alle Kriterien erfüllen kannst.
Allein eine klangregelung in reiner Röhrentechnik ist nicht wirklich machbar (habe ich zumindest noch nie so gesehen). Und die utopische Leistung von 2 mal 100 watt ist völlig überdimensioniert.
Da reichen 2 mal 30w absolut aus. Und überlege erst mal welche boxen du nutzen willst. Haben die einen hohen Wirkungsgrad dann reichen schon 2 mal 20W Schon absolut aus. Du darfst dich da auch nicht an Transistorverstärkern orientieren. Die Angaben an diesen sind absolut übertrieben.
Und du musst es als aller erstens schaffen eine brummarme anodenspannung erreichen die auch unter Belastung brummarm ist. Dafür musst du passende RC und/oder LC Filter nutzen.
Eine Aussteuerungsanzeige ist keine schlechte Idee aber du solltest Sie abschaltbar machen.
Der Lebensdauer zur liebe. Aber bitte die Heizung der röhre und nicht die anodenspannung schalten.

Wen du die Anodenspannung erstmal bereit stellen kannst musst du nur in die Datenblätter der röhren schauen und dort müsstest du die Angaben zur Standartschamtung finden. Und schau erst mal wie viel Geld du ausgeben willst den das wird DEFINITIV nicht billig!
shpank
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von shpank »

LordPhintex hat geschrieben:Allein eine klangregelung in reiner Röhrentechnik ist nicht wirklich machbar (habe ich zumindest noch nie so gesehen).


Erklär das mal dem seeligen Herrn Marshall... Klangregelnetzwerke kann man nämlich auch vollkommen passiv aufbauen.
LordPhintex hat geschrieben: Und die utopische Leistung von 2 mal 100 watt ist völlig überdimensioniert.
Richtig. Fürn Anfang tuns auch 2x10 Watt. Für wesentlich mehr als Zimmerlautstärke reicht das, wenn die Lautsprecher nicht gerade einer Discounter-Home-Entertainment-Anlage entwendet wurden.
LordPhintex hat geschrieben:Aber bitte die Heizung der röhre und nicht die anodenspannung schalten.
Ääh... Nein?!
LordPhintex hat geschrieben:Und schau erst mal wie viel Geld du ausgeben willst den das wird DEFINITIV nicht billig!
Dafür gibts das Forum hier... Und wenn man sich auf die oben erwähnten 2x10 Watt beschränkt, könnte man mit den GU50 vielleicht sogar eine Single-Ended Endstufe aufbauen. Da spart man sich nämlich gleich zwei Röhren, weil man dann auch keine Phasenumkehrstufe mehr benötigt. Zugegebenermaßen sind die Trafos zwar teurer, aber da kann man sich vielleicht fürs Erste auch mit irgendwas anderem abhelfen.
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ferdimh
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von ferdimh »

Ich habe eine solche Wumme gebaut. Das geht. 2x GU50 BRINGEN 100W wenn man ihnen genug Anodenspannung gibt.
Natürlich sind 100W/Kanal Overkill, aber was spricht dagegen?
Wenn das ganze wirklich Hi-Fi werden soll führt nicht viel an recht vielen Vorstufenröhren und ausgeklügelter Gegenkopplung vorbei.
Wenn man Transistorverstärkertechnik kennt, und weiß, wie man die Endstufe dimensionieren muss (weil die Endstufe mit Übertrager doch eher weniger Standard ist), ist das alles kein Hexenwerk.
Ein Versuchsaufbau ist unbedingt anzuraten, mit der Anodenspannung (und Schirmgitterspannung) nicht sparsam sein - ein paar Leuchtobste in Reihe zur Besaftung schützen die Röhrenu bei ersten Tests.
Du solltest dir einen ausreichenden Stapel gleiche intakte Vorstufenröhren (ECC81 oder ECC83) besorgen. Der Rest lässt sich ganz gut per Trial & Error erbasteln.
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ferdimh
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von ferdimh »

Ich habe eine solche Wumme gebaut. Das geht. 2x GU50 BRINGEN 100W wenn man ihnen genug Anodenspannung gibt.
Natürlich sind 100W/Kanal Overkill, aber was spricht dagegen?
Wenn das ganze wirklich Hi-Fi werden soll führt nicht viel an recht vielen Vorstufenröhren und ausgeklügelter Gegenkopplung vorbei.
Wenn man Transistorverstärkertechnik kennt, und weiß, wie man die Endstufe dimensionieren muss (weil die Endstufe mit Übertrager doch eher weniger Standard ist), ist das alles kein Hexenwerk.
Ein Versuchsaufbau ist unbedingt anzuraten, mit der Anodenspannung (und Schirmgitterspannung) nicht sparsam sein - ein paar Leuchtobste in Reihe zur Besaftung schützen die Röhrenu bei ersten Tests.
Du solltest dir einen ausreichenden Stapel gleiche intakte Vorstufenröhren (ECC81 oder ECC83) besorgen. Der Rest lässt sich ganz gut per Trial & Error erbasteln.

Ein Problem mit Röhrentechnik ist, dass fast alle Schaltungen im Netz auf esoterischen Grundsätzen beruhen und nicht sinnvoll funktionieren. Für moderne Bücher gilt teiliweise ähnliches.
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TecVictor
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von TecVictor »

shpank hat geschrieben:
LordPhintex hat geschrieben:Allein eine klangregelung in reiner Röhrentechnik ist nicht wirklich machbar (habe ich zumindest noch nie so gesehen).


Erklär das mal dem seeligen Herrn Marshall... Klangregelnetzwerke kann man nämlich auch vollkommen passiv aufbauen.
LordPhintex hat geschrieben: Und die utopische Leistung von 2 mal 100 watt ist völlig überdimensioniert.
Richtig. Fürn Anfang tuns auch 2x10 Watt. Für wesentlich mehr als Zimmerlautstärke reicht das, wenn die Lautsprecher nicht gerade einer Discounter-Home-Entertainment-Anlage entwendet wurden.
LordPhintex hat geschrieben:Aber bitte die Heizung der röhre und nicht die anodenspannung schalten.
Ääh... Nein?!
LordPhintex hat geschrieben:Und schau erst mal wie viel Geld du ausgeben willst den das wird DEFINITIV nicht billig!
Dafür gibts das Forum hier... Und wenn man sich auf die oben erwähnten 2x10 Watt beschränkt, könnte man mit den GU50 vielleicht sogar eine Single-Ended Endstufe aufbauen. Da spart man sich nämlich gleich zwei Röhren, weil man dann auch keine Phasenumkehrstufe mehr benötigt. Zugegebenermaßen sind die Trafos zwar teurer, aber da kann man sich vielleicht fürs Erste auch mit irgendwas anderem abhelfen.

Das mit der heizung war auf das magische Auge bezogen :roll:
Man man ja wohl schlecht die Ganze Anodenspannung abschalten. Und ES IST besser für die Röhre wen man die Heizung Abschaltet aber die Anodenspannung weiter Besteht. Denn wenn man nur die Anodenspannung abschalten WÜRDE
Dann würden sich nach ner zeit auf der Heizen Kathode Zwischenschichten bilden.
Darum sollte der TO auch einplanen das man Heizung und Anodenspannung getrennt schalten kann.
Erst heizung und nach einer minute die Anodenspannung. ist vorallem für empfindliche Gleichrichterröhren besser.

@ferdimh: Das man eine Klangregelung auch rein passiv bauen kann wusste ich nicht sorry :oops:
Habe mich aber auch nicht so viel damit beschäftigt da ich sie für meinen Verstärker nicht brauche :roll:

und an den TO: Hier http://www.fingers-welt.de/phpBB/viewto ... =14&t=5310
und hier: http://www.fingers-welt.de/phpBB/viewto ... =14&t=4308
mehr infos.
Matze
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von Matze »

Danke erstmal für die Antworten. :)

Also:

@LordPhintex
Zur Klangregelung
http://www.jogis-roehrenbude.de/Verstaerker/Klang3.jpg
ich denke das ist da machbar oder?
(und die soll rein nach dem Motto besser man hat als hätte)

Über das Problem der brummarmen Anodenspannung bin ich mir bewusst
bin da auch bei 'nem, kleineren "Röhren-Vorverstärker" drauf gestoßen aber hatte das da auch rausgesiebt bekommen.

Und ich weiß das 2x100w übertrieben ist. Aber wenn's nicht möglich ist ok.
Trotzdem würde ich gerne bei Gegentakt bleiben. (Ich hab die 4xGU50 rumliegen und hab sie auch billig bekommen)

Das mit den Zwischenschichten bei geheizten Röhren ohne Anodenspannung ist mir bekannt.

Dass das Ding teuer wird, ist mir von Anfang an bewusst gewesen.
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Durango
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von Durango »

Wieso berechnen ? Das gesamte Thema ist doch bis 1970 komplett geklärt worden.

Unabhängig von den Gitarrenverstärkern gab es von vielen Herstellern auch Hi-Fi Geräte.

Selbst habe noch den Echolette BS 40. Alle Unterlagen auf : http://www.peel.dk/Dynacord/

Wenn du die Schaltpläne studierst, wirst du auch die Klangeinstellung finden.

Das eine GU50 eine ganz exotische Kennlinie hat, weißt du ? Zum üben wird die EL34 sicher reichen.

73 Manfred
Matze
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von Matze »

Warum ich die GU50 nehmen möchte?

Ich hab die billig bekommen und die wurde schon für einige Verstärker verwendet.(Ich hab auch schon auf diversen Webseiten geschaut)
Und die hat, soweit ich weiß, auch ordentlich Dampf.

Und ne EL34 müsst ich mir erst mal kaufen.
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Chrissy
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von Chrissy »

hmpf, jetz redet bitte die Idee vom Matze nich schlecht. Fast alle bisherigen Posts, bis auf die von ferdimh, helfen nicht wirklich weiter, sondern wollen dem Matze das Projekt ausreden. Find ich nicht gut.
Außerdem sollte man gerade hier nicht mit den esotherischen Seiten der Röhrentechnik anfangen, dafür gibts andere Foren. Setzt dem Jungen keine Flausen innen Kopf! Es ist völliger Quark, dass man beim An- und Abschalten der Heizung die Anodenspannung stehen lassen muss. Siehe auch hier: http://www.elektronikinfo.de/strom/roeh ... tm#Betrieb
Die Zeiträume, die notwendig sind, um eine Zwischenschicht auf der Kathode zu bilden haben, sind mit den Einheiten Tage und Wochen versehen!

Ich muss vll. noch ergänzen und eine Lanze für den großen Verstärker brechen: Kleinere Röhrenverstärker (so EL84 Gedöhns) hatte der gute Matze letztens hier im Turmlabor schon berechnet und gebaut. Sahen alle recht solide aus und haben gut funktioniert.

Kurz: ich kenne ihn und seine Projekte und bin der Meinung, dass er so ein großes Projekt gestemmt bekommt. Es geht bei dem Projekt ja offensichtlich auch darum, dass man so etwas auch mal von Grund auf konstruiert und versteht und nicht nur einfach irgend was bestehendes stumpf nachbaut ohne zu wissen, was man tut.

Weiter im Text:

Wir haben letztens mal versucht, den Verstärker und die dazugehörigen Trafos durchzurechnen. Da kamen (für mich plausibel erscheinende) Werte raus, die aber noch mal jemand mit mehr Erfahrung durchschauen müsste.

@Matze: vll. wäre es gut, wenn du deine Unterlagen und Berechnungen dazu mal hochladen würdest, damit wir hier so langsam mal auf einem sachlichen Niveau zu diskutieren.

Soweit mein Senf zum Thema.

Gruß,
Ludwig
Zuletzt geändert von Chrissy am Mi 18. Nov 2015, 19:51, insgesamt 1-mal geändert.
doofi
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von doofi »

@Klangregelnetzwerke

Von Lydkraft gibts sogar parametrische Vollröhren-Equalizer...
Der Multibandkompressor von denen ist Porno pur.
Name vergessen
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von Name vergessen »

Meinst Du den? Die beiden Röhren dürften zur Vor- oder Endverstärkung (was ist da eigentlich sinnvoller? Vorher verstärken, wegen SNR, oder hinterher, wegen Impedanz?) sein, der Rest wird dann wohl passiv geregelt.

Ich sehe Deinen Verstärker schon vor mir: aufgrund der Gegenkopplung viele Stufen, ein Röhrengrab wie auf dem Schiff bei "Das Philadelphia-Experiment". ;)
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ferdimh
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von ferdimh »

So, kommen wir doch mal zur Sache.
Generell ist ein großer Röhrenverstärker auch nur ein Röhrenverstärker.
Dass die GU-50 eine spezielle Kennlinie haben soll, ist mir neu, sie ist halt nicht ganz so gerade wie bei speziell für Eintakt-A-Betrieb gezüchteten Röhren (im Wesentlichen EL84).
Wenn die Endröhre nicht mehr EL84 (oder mit Einschränkungen EL34) heißt und das Ding kein auf Verzerrung gezüchteter Gitarrenverstärker werden soll, kommen ein paar Fallstricke entgegen, denen man ganz gut ausweichen kann, wenn man sie kennt und/oder systematisch vorgeht:
- Die Endröhren brauchen mehr Gitterwechselspannung als die Phasenumkehrstufe verzerrungsarm liefern kann (Die ach so schöne "Endstufenzerre" vieler Gitarrenkisten ist eine übersteuerte Phasenumkehrstufe!)

- Die Endröhren brauchen eine gesonderte Schirmgitterspeisung. Da das Verhältnis Ug2/Ug1 für den Ruhestrom und damit für die Übernahmeverzerrungen entscheidend ist, muss diese Spannung näherungsweise konstant bleiben, insbesondere, weil der Schirmgitterstrom bei Aussteuerung extrem ansteit. Aus dem gleichen Grund sind abgeblockte Schirmgitterwiderstände von >1KΩ BÖSE! Unverblockte Schirmgitterwiderstände verbiegen die Kennlinie der Röhre. Das kann bei Senderöhren teilweise vorteilhaft sein, zumindest für 807 und 6L6 ist das der Fall, bei EL34 eher nicht.

- Ug1 und Ug2 müssen beide stabilisiert werden oder beide nicht stabilisiert werden. Wenn eine von der Netzspannung abhängt und die andere nicht, läuft der Ruhestrom (u.U. erheblich) weg.

- Das Poti für Ug1 ist so anzuschließen, dass die Röhren bei Schleifergebritzel entlastet werden.

- Damit die Kiste HiFi-Ansprüchen genügt, ist Gegenkopplung vorzusehen, die die Spannungsverstärkung ungefähr auf 1/10 der Leerlaufverstärkung (mit Lastwiderstand) reduziert. Dann ist das Ding in der Regel noch stabil, aber mit wenig Verzerrungen und einem niedrigen Ausgangswiderstand gesegnet. Hier ist aber je nach Aufbau einiges an Experimenten nötig. Idealerweise ist das Ding auch mit offenem Ausgang stabil. (Zum Testen davon einen kurzgeschlossenen Brückengleichrichter über den Ausgang schalten, dass keine hohe Spannung auftreten kann). Mit der Gegenkopplung kann man spielen, wenn man Platz für eine weitere Vorröhre gelassen hat, mit der man zur Not die fehlende Verstärkung aufholen kann.

- Kapazitive Kopplung ist nicht zu vermeiden. Daraus folgt, dass man sich die Stabilität der Kiste nicht nur auf >20kHz, sondern ganz besonders auch im Bereich <20Hz angucken muss.

- Man kann den Endröhren (ähnlich MOSFET-Bodydioden) "Freilaufdioden" verpassen. Dann ist die Überschlaggefahr im Übertrager gebannt. EY88 sollten hierfür taugen.

- Den Klangregler nicht in die große Gegenkopplung setzen! Die (einstellungsabhängigen) Phasenverschiebungen erschweren das Testen massiv, kosten auch Klirrfaktor und Ausgangswiderstand.

- Bei Stereokisten die Anodenspannung beider Endstufen getrennt absichern. Sonst wird die Sicherung zu dick, um bei einem Schaden an einem Kanal sicher auszulösen. Die Hochspannungssicherung sollte mindestens ein 6,3x32mm Kandidat sein.

- Die Betriebsspannung der Vorstufe muss gut geglättet oder stabilisiert sein. Sonst hat man seltsame Pendelphänomene.

Nach Listung der Fallen habe ich hier einfach mal meine 100W-aus-2-KT88 (war ursprünglich auf EL34 erdacht und wegen geht scheiße auf KT88 umgebastelt)-HiFi-Büchse verlinkt.
Der Schaltplan ist soeben aus der Erinnerung entstanden und als Inspirationshilfe zu verstehen. Es können in der Bemessung Fehler enthalten sein.
Die wesentlichen Punkte, die daraus ersichtlich sind:
Die Phasenumkehrstufe treibt nicht unmittelbar die Endröhren. Da die Verzerrungen der Treiber signifikant waren, werden sie separat gegengekoppelt. Das entschärft außerdem die Phasenverschiebung durch die Koppelkondensatoren. Aus Stabilitätsgründen musste aber ein Koppelkondensator vergrößert werden (ich hoffe ich habe den richtigen gekennzeichnet).
Das Klangregelnetzwerk ist der 08/15 Kuhschwanz(Baxandall)regler und hat 20dB Dämpfung auf "flach". So ist das Ding bei etwa 1V am Eingang voll ausgesteuert.
Da heutzutage alle Quellen niederohmig sind, kann man am Eingang ein bisschen unhistorisch werden und ein 10kΩ-Poti verwenden. Das spart eine Pufferstufe vor dem hochohmig ausgeführten Klangregler.

Die Frage ist jetzt, welche Hilfestellung du eigentlich noch suchst.
Die Dimensionierung der Vorstufen sollte ausreichend klar sein (wenn nicht, nachfragen!)
Zum Konzept an sich habe ich jetzt genug geschrieben.

Brauchst du Hilfe bei der Dimensionierung der Endstufe?
Kainit
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von Kainit »

Bisschen viel Aufwand um 2 KT88 zu treiben...
Warum will eigentlich jeder Anfänger Röhrengleichrichter?
Ich bin froh dass es kompakte Halbleitergleichrichter und Hochvolt-Mosfets gibt.
Das vereinfacht den Bau von stabilisierten Hochvoltnetzteilen erheblich.

Nebenbei:
2xGU-50
Ub ca. 800V
Raa 5k ergibt ca. 700V Wechselspannung primär zwischen den Anoden.
Dementsprechend wird die Hälfte davon(350V) an jeder Anode wirksam,
je nach Halbwelle addierend zu Ub. Das sind dann 1050V an der Anode.
Bei höherem Raa auch mehr...

mfg

Edit: Raa 8k ergibt schon ca. 900V Anodenwechselspannung primär...
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ferdimh
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von ferdimh »

bzgl der hohen Anodenwechselspannungen:
Wo ist das Problem?

Röhrengleichrichter glühen schön. Ich habe in meinen Kisten keine drin, wozu auch? Ist ganz interessant, damit mal zu spielen. IMO sollte man das niemandem auch nur im Ansatz ausreden.
Und zum Aufwand: Das ist der Aufwand, den man treiben muss, wenn das ein Verstärker und kein Effektgerät werden soll. Man hätte hier und da sicher noch optimieren können, aber tut mir leid - wir reden hier nicht von Gitarrenverstärkern.
Ob der Einsatz von Röhren für eine 100W-HiFi (also Hifi im sinne von Eingangssignal=Ausgangssignal)-Kiste nun sinnvoll ist oder nicht, ist eine andere Fragestellung.
Matze
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von Matze »

Danke Ferdimh für die Tips

Und ja, die Hilfe die ich brauche ist zur dimensionieren der Endstufe und dazugehörend die Berechnung des Ausgangsübertragers. Den Rest Krieg ich denke ich soweit hin(falls es Probleme gibt hab ich da ein Buch oder ich frage hier)

Mir fallen da grad nur auf dass
-das Gitter der zweiten Röhre mit der Anode der ersten Röhre ohne C verbunden ist?
-das du Parallel zu den Kathodenwiderständen keine C's hast(Ich hab das mir das so erlesen, dass da normalerweise C's sind um den Kathodenwiderstand für's Audiosignal zu überbrücken)
oder ist der Effekt so Gering dass die C's dort unnötig sind?
-Was bringt der 10k Widerstand der von der Kathode der 1. Röhre nach der Phasenumkehrstufe zur Kathode der 3. Röhre?

das ist so meine "ideen-skizze"
http://postimg.org/image/cng5qrtn5/
Dazu sei gesagt die Röhrenwahl für die Vorstufe hab ich einzig und allein davon getroffen was ich grad in ausreichender Zahl hab rumliegen, also das net zu ernst nehmen wenn ich irgend ein Mist gemacht dabei habe
Die Endscheidung fällt wenn ich weiß, welches Signal ich den GU50 füttern muss
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ferdimh
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von ferdimh »

Zum AÜ schreibe ich morgen was, das schaffe ich heute nicht mehr, denke ich.
Die direkte Verbindung ohne Kondensator Anode-Gitter kann man bei der Kombination Vorstufe-Phasenumkehrstufe machen, weil die Phasenumkehrstufe (Kathodenwiderstand=Anodenwiderstand) ohnehin etwa 90V am Gitter benötigt.So kann man sich Vorspannungsbauteile (und Phasenverschiebungen, die das Gegenkoppeln erschweren) einsparen.

Die Kathodenwiderstände werden normalerweise mit Kondensatoren überbrückt, um die Verstärkung zu maximieren. Wenn man darauf verzichtet, kann man
a) schöne Tricks machen (wie Gegenkopplung über den Kathodenwiderstand ein-oder auskoppeln)
b) Verzerrungen und Phasenverschiebung reduzieren (der Kathodenwiderstand wirkt auf die Röhre wie eine Gegenkopplung - außerdem hat man keine Filterwirkung, wo kein RC-Glied ist, ist keine Zeitkonstante). Die reduzierte Verzerrung ist vom geringem Nutzen, da gleichzeitig die Verstärkung sinkt, und so eine übergeordnete Gegenkopplung an Wirkung verliert, aber das Fehlen eines weiteren Pols (also 90° Phasenverschiebung) macht das Gegenkoppeln einfacher)
Da hier mit Röhren geklotzt wurde, kann man die reduzierte Verstärkung verschmerzen.
Matze
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von Matze »

Apropos vorhandene Röhren
Ich Liste einfach mal alles auf was ich an E-Röhren habe die vllt verwendbar sind:
6x EC92
2x ECC85 (Obwohl eine momentan verbaut)
2xEF86
2xECF80
5x EF80
EF89
EBF88
ECH81
EH90
ECF82
4xEL84
2xEL81
Und halt die 12 EY88 die ich mir bestellt habe
Kainit
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von Kainit »

ferdimh hat geschrieben:bzgl der hohen Anodenwechselspannungen:
Wo ist das Problem?
Das Problem sind die wüsten Basteleien die man mit google finden kann...
ferdimh hat geschrieben: Und zum Aufwand: Das ist der Aufwand, den man treiben muss, wenn das ein Verstärker und kein Effektgerät werden soll. Man hätte hier und da sicher noch optimieren können, aber tut mir leid - wir reden hier nicht von Gitarrenverstärkern.
Ob der Einsatz von Röhren für eine 100W-HiFi (also Hifi im sinne von Eingangssignal=Ausgangssignal)-Kiste nun sinnvoll ist oder nicht, ist eine andere Fragestellung.
Beispiel:
2xEL34(50W, gemessen)bei 500V,
1x ECC83 Phasenumkehr,
1xECC82 Treiber,
Halbleitergleichrichtung und Stabi im Netzteil.
Keine "Ultralinearschaltung", klassische Gegenkopplungen.

Was den Trafo angeht:
"Selbstwickeln" weil gekauft ist ja zu teuer??
Matze
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von Matze »

Was den AÜ angeht den hab ich vor mir Selber zu wickeln Zusammen mit Netztrafo und Drosseln
Ludwig und noch ein anderer Freund brauchen selber noch speziele Trafos,etc. Wir wollten die Gelegenheit nutzen das zusammen zu machen.

Und bezüglich des Aufwandes; Klar gib es Wege das einfacher zu Lösen. Würde es mir nur darum gehen, dass was rauskommt hätt' ich nen TDA7294 oder was weiß ich nehmen können.
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ferdimh
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von ferdimh »

Wenn ich die Röhrenliste so betrachte, sehe ich ein Konstrukt aus EF86 und EC92. Der Rest ist eher wenig audiotauglich.
Stell aber bitte sicher, dass die Dinger dann auch tun, sonst ist Frust garantiert.
Ist ein Plattenspielereingang angedacht?
Wenn nicht könnte man sowas bauen wie
EF86 Eingangsstufe, EC92 Phasenumkehr, 2xECF80 Spannungsverstärker, Endstufe.
Dann kämen da zwei Kanäle bei raus.
Eine einzelne nicht für sich gegengekoppelte Stufe als Treiberverstärker hat sich bei meinen Versuchen nicht bewährt. Möglicherweise wäre es mit 400V statt 250V Anodenspannung gegangen.
Matze
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von Matze »

Ich hab nicht einmal einen Plattenspieler also ist die Frage denke ich beantwortet.

Also gesamt dann 2xEF86, 2xEC92, und 4xECF80?
und dann noch Endstufe und Gleichrichtung und so weiter
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Roehricht
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von Roehricht »

Hallo,
also die GU-50 ist ein ideales Endrohr für NF Endstufen. Der Erfinder Telefunken (LS50) hat sich bei dem Konstrukt einiges gedacht. Denn zu Zeiten von AM Sendern brauchte man auch einen ordentlichen Modulator. Und das ist nix anderes als ein NF Verstärker.

2 deren bringen in Klasse B bei Ub 1000V 120W rms , Raa 11 kohm , Ug2 350V.
Mit 900V Ub in Klasse B2 sind an 8k 160W drin, Ug2 ebenfalls 350V. Also für meien Begriffe die mit abstand stärkste Röhre für sowas.

In meinem Versuchsaufbau eines Bass Verstärkers habe ich 450W mit 6x GU50 rausgeholt, das ganze in B2 mit Raa 2,2 kOhm, Ub 950V (Leerlauf). Die Schaltung hatte ich hier schon mal reingestellt. Das Teil braucht 0,7V für volle Lotte.

Hier der Übertrager dazu. SE150b
Bild
Und hier der Drahtverhau:
Bild

Mit den im Plan angegeber Anodenspannung macht er "nur" 400W bei besagten 950V gibts 50W obendrauf. Die einzelnen Treiber vor jeder Endlampe sind notwenig weil man nur so für jede Röhre den Ruhestrom einzeln einstellen kann.

Und hier der Schaltplan:
Bild

Man kann die Schaltung abspecken indem man die 12B4 Treiber weglässt und die Röhren in B Betrieb steuert. dann langt von der Treiberlampe ein Koppel C vor jede Endröhre. In Klasse B kommt da 350W raus.


Für Hi-Fi würde ich das mit 4 Lampen pro Kanal aufbauen. Ub etwa 700V , Ug2 350V , Ruhestrom 50mA pro Röhre, Raa 4k man kann dann etwa 140-150W erwarten. Damit halten die Röhren ewig. Das Eisen sollte aber dabei ganau so gross sein will man auch ein ordentliches bassfundament.
Ein EI130b oder EI150a soltten es aber schon sein. Besser als Schnittband kern. Son SE kern kann man als Anwendung im NF Bereich immer noch bis 1T aussteuern.

Der Treiber sollte auch nicht zu knapp bemessen sein. In Ferdimh seiner Schaltung ist am Treiber Ub 250V, das ist einfach zu wenig. Da klirtt der Treiber schon befor die Endstufe im roten Bereich ist. 400V sind Pflicht. dann hat man ordentlich zerrfreie Spannung bis ca 60V rms.
Als Treiber nehme ich immer Doppeltrioden die etwas mehr Strom können damit das ganze auch schon nierohmig treibt. Der Gitterwiderstand wäre idealerweise nicht kleiner als 220 K pro Lampe. Mr Miller kommt auch noch dazu . ECC82 ist sehr gut geignet , ebenfalls 6SN7 wers in Oktal hätte, Amiröhren die hier gelegentlich rumkullern wären 5814 und 6201 oder 12AU7. Phasenumkehr ganz simpel als Kathodyn. solange man den nicht an die grenze aussteuert tut er ordentliche Arbeit. Besser wäre ein Diff-Amp aber das ist alles nicht so ausschlaggebend. Um dden Ruhestrom abgleich etwas einfacher zu gestalten kommem 10 Ohm Widerstande in die Kathode und werden an Prüfbuchsen rausgeführt. daneben kommt das dazugehörige Gitterpoti. Somit kann man die Röhren einfach überprüfen und ggf nachstellen. In der de Luxe Verion kann man gleich ein mA Meter mit Messtellenumschalter einbauen.

Ug1 und Ug2 idealweise stabilisiert, bei Hi-Fi unbedingt. Bei Gegentaktbetrieb ist das Restbrummen auf der Anodenspannung nicht so schlimm es nullt sich im Aü wieder aus. Kuck die mal Schaltbilder alter Hi-Fi Amps an. das ist gerade mal ein 100µF C an dem die Aü Mitte direkt dran ist. Bei Eintakt Schaltungen ist das natürlich wichtig das Ub brummrestfrei ist.

Da Elkos heute zu Zeiten von Schaltetzteilen fast nix mehr kosten kann man da etwas höhere Kapazitäten nehmen. Aber nicht übertreiben. Im Fehlerfall kann die gespeichter Energie deutlich zum Nachteil sein. Bei mir im versuchsaufbau Netzteil hatte ich 3x 680µF /400V in Serie als lade C. macht also 226µF . Völlig ausreichend.

Um brumm schwing zu vermeiden sollte die Masse , scheiss Ausdruck hierfür. Denn Masse ist immer nur das Chassis. Wie es der Name schon sagt. Der Minus von +Ub / bzw plus von -Ug1 ist die Null Volt Leitung. Und dselbige wird isoliert durchs Gerät geführt und wie Versorgungsleitungen behandelt. , Und diese Null Volt Leitung komm an einem einzigen Punkt ans Chassis. Und genau diese Verbindungstelle bleibt auftrennbar. Die Eingangsbuchse , sollte es diese unsägliche Chinch/RCA Buchse werden , wird isoliert eingebaut. Der kalte Anschluss selbiger komm an Null Volt am Fusspunkt der ersten Stufe.

Und zum Schluss: Son Klopper baut man am Besten als 2 x Mono auf. Sonst wird das Eisenschwein deutlich über 50 kg schwer werden.

Wer das Ding unbedingt als Vollverstärker und dazu noch mit Vorstufe samt Klangregelung bauen will sollte sehr viel Erfahrung im Bau von Verstärkern mitbringen. So ein gebilde brumm. rausch und schwingfrei zu bekommen ist ein Grosse Herausforderung.
Bis sowas läuft baut man den dreimal.

In der Röhrebude finden sich auch noch interessante GU-50 Endstufen.

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Wolfgang
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Heaterman
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von Heaterman »

Boah, da verstoß ich als IC-Freak ja gern gegen sämtliche Forenregeln: 100 x Thumbs up!

Ich glaub, ich bau mir auf die alten Tage doch noch mal eine Röhrenendstufe in meine 200-W-Allzweck-Partybox. Das gesammelte Vinyl schreit danach.

Aus gaaanz frühen Zeiten hoppelt hier noch ein ECL86-Verstärker rum, der macht das Radioprogramm im Büro erträglicher...
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ferdimh
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von ferdimh »

Zur Dimensionierung der Endstufe:
Wir haben Gegeben:
B-Betrieb (also wenig Ruhestrom wird angestrebt)
Endröhre GU-50, Pout=möglichst viel.
Grundlage ist dieses Datenblatt.
Wir wählen aus dem Bauch raus:
Uba=800V, Ug2=250V (Um Gitterstromaussteuerung zu vermeiden, wird Ug2 hoch angesetzt). Uba=1000V wäre evtl noch eine Option. Auf jeden Fall fangen wir mal mit "viel Alles" an.
Jetzt müssen wir als Erstes den Arbeitspunkt wählen. Man kann sich jetzt das Eingangskennlinienfeld (das Untere) angucken, und versuchen für minimale Verzerrungen den Arbeitspunkt etwa in die Mitte des gebogenen Teils zu legen. Das wäre bei Ug2=250V etwa -Ug1=37V, Ia=ca. 50mA. Dummerweise wäre damit die Anodenverlustleistung schon voll ausgereizt (50mA*800V=40W). Also muss der Arbeitspunkt tiefer.
Im Interesse maximaler Ausgangsleistung wäre eine Ruheverlustleistung von unter 10W anzustreben, dann kann man 30W zum Verheizen unter Last benutzen.
Wählen wir also -Ug1=50V, Ia=10mA Pheiz=8W. Die zusätzliche Verzerrung muss von der Gegenkopplung "gefressen" werden.
aus -Ug1=50V folgt auch schon Ug1~=35Veff (Aussteuerung bis zum Gitterstromeinsatz, Aussteuerung in den Gitterstrom wäre denkbar, lassen wir aber erstmal außen vor wegen Mehraufwand). Wichtig ist, dass alle Stufen, nach denen Koppelkondensatoren kommen, auch die negative (ungenutzte) Halbwelle sauber verstärken, sonst fängt der Arbeitspunkt das Wandern an. Was von "Klasse A-Z" zu halten ist, lässt du dir am besten von Bastelbruder erklären.
Als nächstes geht es um den Lastwiderstand. Gerne wird Raa angegeben, also die Eingangsimpedanz des Übertragers zwischen beiden Anoden, der ist aber für den B-Betrieb nciht wirklich von Interesse. Hier ist fast immer nur eine Wicklung bestromt. Uns interessiert also quasi Ra+ (die Impedanz zwischen einer Anode und Saft). Das ist immer ein Viertel von Raa (Halbe Spannung, doppelter Strom. Gleich merken: Beim Trafo gehen die Impedanzen immer quadratisch mit den Windungszahlen).

Also, wir gucken uns jetzt das Ausgangskennlinienfeld an (oben).
Den Arbeitspunkt können wir bei Ua=800V, Ia=10mA, -Ug1=50V eintragen.
Jetzt haben wir eine "Vollgaslinie" bei -Ug1=0V. Wir können jetzt einen beliebigen Punkt auf der Linie als "Vollgaspunkt" wählen. Der (ohmsche) Lastwiderstand lässt dann Aussteuerung zwischen den beiden Punkten auf einer Geraden zu. Je niedriger man die Anodenspannung dabei wählt, desto niedriger wird die Anodenverlustileistung bei Vollaussteuerung. Dafür steigt die Schirmgitterverlustleistung an. Da die GU50 ohnehin recht viel Schirmgitterstrom zieht (gerade bei Ug2=250), wird die Anodenrestspannung eher hoch angesetzt. Also Uavollanschlag=150V, Iavollanschlag=250mA (ein bisschen Reserve für Röhrenalterung lassen). Wenn ein Gitarrist vor dem Verstärker zu erwarten wäre, müsste man hier noch vorsichtiger rangehen, da dann Rechteckaussteuerung mit Vollgas die Regel wäre. Wir gehen von Musik aus, da kann man etwas Überlast bei Vollgas in Kauf nehmen.

Jetzt haben wir zwei Punkte, aus denen wir einen (differentiellen)Widerstand berechnen können:
Ruhe: Ua=800V, Ia=10mA
Vollstoff: Ua=150V, Ia=250mA
Differenz: dUa=650V, dIa=240mA
R=U/I -> Ra+=2.7kΩ -> Raa=10.8kΩ
Die Ausgangsspitzenleistung ergibt sich durch Multiplikation:
P=U*I= 650V*240mA=156W.
Die zu erwartende Sinusausgangsleistung des Gesamtverhaus ist die Hälfte der Spitzenleistung, also ca. 75W.
Die Anodenverlustleistung ist ebenfalls recht einfach zu bestimmen, wenn man den Umweg über die Leistungsaufnahme geht.
Der Anodenstrom wird von der Spannugnsquelle aufgebracht, die immer 800V hat. Der Anodenstrom ist näherungsweise eine gleichgerichteter Sinus von 250mA Amplitude (in Wahrheit ist es etwas mehr als eine Halbwelle, da die 10mA Ruhestrom noch zu berücksichtigen wären. Das kann bei 10mA aber vernachlässigt werden.
Der Arithmetische Mittelwert (nicht der Effektivwert!) eines gleichgerichteten Sinus ist nach Wikipedia das 0,64fache des Spitzenwerts, die Stromaufnahme wird also 250mA*0,64=160mA.
Damit nimmt der Verstärker aus der Anodenspannungsquelle 800*0.16=128W auf.
Von den 128W verlassen 75W den Verstärker wieder, es bleiben 43W zum Verheizen (verteilt auf beide Röhren). Das passt also locker. Bei ca. 3/4-Aussteuerung sind die Verhältnisse etwas ungünstiger, wenn man will, kann man die ganze Chose jetzt noch für reduzierte Aussteuerung durchrechnen. Dann nimmt man entsprechend des Lastwiderstandes weniger Spannung und entsprechend weniger Strom und kaut das ganze erneut durch.
In der Praxis reicht eine Vollastberechnung in der Regel aus, da Röhren kurzzeitige Überlast vertragen.

Die Schirmgitterverlustleistung ist sehr schwer zu berechnen. Hier kann am Einfachsten ein Versuchsaufbau und eine Messung Antwort geben.

Aus dem ganzen folgt: Wenn du die 100W/Röhrenpaar erreichen willst, muss die Anodenspannung weiter hoch. Die Berechnung für 1000V wird jetzt outgesourced und bleibt dem Leser als Übungsaufgabe überlassen.
Morgen gehts an den Ausgangstrafo ;-)
Matze
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von Matze »

Wow.
Danke ferdimh :)

Das ist schon mal eine sehr große Hilfe.
Für die 1000V Berechnung werde ich mich bald mal rann setzen, wenn ich Zeit habe.
Mal schauen wie es denn da Aussieht. Und dann mal sehen wie ich das alles anpassen.
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ferdimh
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von ferdimh »

Achja, du hattest noch nach dem Widerstand zwischen den Kathoden gefragt. Das ist eine Gegenkopplung: Da die Röhre keinen Gitterstrom zieht, ist die Spannung am Kathodenwiderstand ein Abbild der Spannung am Anodenwiderstand. Das wird zurückgeführt auf die Kathode der 1. Röhre der 3er Kette und wirkt so der Eingangsspannung entgegen.
Das Ganze bringt die Verstärkung des Gesamtverhaus auf etwa 200, während die Leerlaufverstärkung etwa 50*50*15=37500 wäre. Durch die starke Gegenkopplung arbeitet die Treiberstufe praktisch verzerrungsfrei, auch bei hohen Ausgangsspannungen.

Zu deinem Aufbau:
Ein Röhrenverstärker dieser Leistungsklasse (eigentlich ein Röhrenverstärker generell) ist ohne Gegenkopplung als Verstärker unbrauchbar. Dein Aufbau hat "gerade so" genug Verstärkung um ohne Gegenkopplung zu arbeiten. Im Interesse guter Widergabe muss die Leerlaufverstärkung deutlich höher sein.
Die Idee, Pentoden als Treiberstufe zu benutzen, ist gar nicht mal so abwegig, die lassen sich ausgangsseitig höher aussteuern als Trioden.
Die EF80 sind für den Job vermutlich sogar ganz gut geeignet. Bei gegebener Ausgangsspannung wirst du aber entweder massiv Anodenspannung einsetzen müssen, oder wenn du bei 250V bleiben willst heftig gegenkopplen müssen, damit das geht, da sie bei niedrigen Anodenströmen recht nichtlinear ist.
Bei geeignetem Anodenwiderstand (5kΩ) könnte auch eine EL84 als Treiber taugen, das ist aber eigentlich Overkill. Das treibt dann auch 20 GU50 parallel (von den Kapazitäten her)
Kainit
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von Kainit »

Nur mal als Tip:

http://wavebourn.com/forum/viewtopic.ph ... b6b13ad7f3
http://wavebourn.com/forum/download.php?id=119&f=7

Einfach im Thread runterscrollen.
Der Mann ist wirklich gut und die Schaltung ziemlich gut ausgetüftelt und
mehrfach praxiserprobt. Unser Funker hier kann das sicher bestätigen, er
ist wohl auch Teilnehmer bei diyaudio.com.

mfg

Edit: Grad einen Link in meiner Sammlung wiedergefunden.
Downloaden sloange es noch geht...

https://dl.dropboxusercontent.com/u/853 ... rcuits.pdf

Wie der Name sagt: Eine Menge Schaltungen von RCA mit Erklärungen und Stücklisten und Messwerten.
Allerdings alles in Englisch.
Matze
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von Matze »

Ist es soweit in Ordnung das Datenblatt der LS50 nehme?
Das der GU50 geht ja nur bis 800V bei den Kennlinien
Dann nehm ich das erstmal für meine Rechnung ok?
http://frank.pocnet.net/sheets/043/l/LS50.pdf
Kainit
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von Kainit »

Das Innenleben ist identisch.
Die Russen haben lediglich das Gehäuse _etwas_ robuster gemacht.
Kainit
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von Kainit »

Kainit hat geschrieben: https://dl.dropboxusercontent.com/u/853 ... rcuits.pdf

Wie der Name sagt: Eine Menge Schaltungen von RCA mit Erklärungen und Stücklisten und Messwerten.
Allerdings alles in Englisch.
Nachtrag: Siehe Seite 14, mein Aufbau ist ziemlich ähnlich dazu.
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ferdimh
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von ferdimh »

Das RCA Heft erscheint mir beim Überfliegen lesenswert, geht aber von den Schaltungen her nur bis 50W (und 60Vpp am Gitter). Davon abgesehen sind die Röhrentypen alle nicht hier auf der Liste (und mir unbekannt). Als Inspirationshilfe aber definitiv brauchbar. Ist archiviert ;-)
Die Wavebourn Schaltungen... WTF?!
Ich meine, ja, das funktioniert. Aber der Aufwand (von der Planung her, nicht von der Bauteilzahl) erscheint mir nicht gerade als Grundlage für Experimente geeignet.
Ich vermute, das Ziel war es, "Gleichstromkopplung" zu erreichen.
Es ist sicher interessant, solche Schaltungen durchzugehen und zu verstehen, wie sie funktionieren. Aber pauschaler Nachbau erscheint mir mindestens aus pädagogischen Gründen ungeeignet.

Noch eine Empfehlung zum Verstärkerbau: Beschaffe (oder baue) dir ein einfacher Klirrfaktormesseisen. Es ist wichtig, seine Experimente objektiv bewerten zu können, sonst baut man potentiell nur Mist. Eine PC-Soundkarte gibt zumindest einen guten Sinusgenerator ab. Theoretisch müsste mit etwas Software auch eine Klirrfaktormessung möglich sein (FFT und bewerten), ich habe nur bisher nichts derartiges im Netz gefunden und war bisher zu faul, es selbst zu schreiben.
Dann kann man die Chose Stück für Stück aufbauen und problematische Ecken gleich beseitigen. Auch ist das sehr hilfreich, um beim (experimentellen) Dimensionieren von Verstärkerstufen mit laggraddaröhren einen Sinnvollen Arbeitspunkt zu finden oder das Fehlen eines solchen festzustellen.
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xoexlepox
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von xoexlepox »

ferdimh hat geschrieben:Theoretisch müsste mit etwas Software auch eine Klirrfaktormessung möglich sein (FFT und bewerten), ich habe nur bisher nichts derartiges im Netz gefunden und war bisher zu faul, es selbst zu schreiben.
baudline müsste das können.
Kainit
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von Kainit »

ferdimh hat geschrieben:Das RCA Heft erscheint mir beim Überfliegen lesenswert, geht aber von den Schaltungen her nur bis 50W (und 60Vpp am Gitter). Davon abgesehen sind die Röhrentypen alle nicht hier auf der Liste (und mir unbekannt). Als Inspirationshilfe aber definitiv brauchbar. Ist archiviert ;-)
"Nur" 50Watt? Ich habe meinen 50W Aufbau noch nicht voll ausgefahren, viel zu laut...
Abgesehen davon besitze ich zwei Endstufen McIntosh Mc240 und MC275(2x40W und 2x75W).
Man merkt keinen Unterschied in der Lautstärke obwohl die eine die doppelte Leistung der anderen hat.
Das Gehör empfindet erst die 4-fache Leistung als doppelte Lautstärke.
Röhrentypen: Ich dachte hier ist ein Frickelforum? Datenblätter kann man alle googeln und das Anpassen
auf andere Typen sollte für Frickler kein Problem sein.
ferdimh hat geschrieben: Die Wavebourn Schaltungen... WTF?!
Ich meine, ja, das funktioniert. Aber der Aufwand (von der Planung her, nicht von der Bauteilzahl) erscheint mir nicht gerade als Grundlage für Experimente geeignet.
Ich vermute, das Ziel war es, "Gleichstromkopplung" zu erreichen.
Es ist sicher interessant, solche Schaltungen durchzugehen und zu verstehen, wie sie funktionieren. Aber pauschaler Nachbau erscheint mir mindestens aus pädagogischen Gründen ungeeignet.
"Gleichstromkopplung" war nicht das Ziel. Aber der Satz mit dem Nachbau ist gut.
Edit: 220k als Gitterableitwiderstand ist für die GU-50 um den Faktor 10 zu hoch.
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ferdimh
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von ferdimh »

220k als Gitterableitwiderstand ist für die GU-50 um den Faktor 10 zu hoch.
warum? Signifikanter Gittestrom ist bei Ug2=250V nicht zu erwarten, außer man will das Ding richtig heftig treten. Da würde ich aber eher mit der Anodenspannung höher gehen.

Natürlich sind 50W für den Heimgebrauch mehr als genug. Der Punkt ist, dass das Heft die Problematik eines "ernsthaften" Kraftverstärkers ausklammert. Und wenn hier 100W aus GU50 angestrebt werden, dann werden sie angestrebt. Ich denke nicht, dass die wirklich nötig sind. Dann sind wir schon aufgrund der Verwendung von Senderöhren (die höhere Steuerspannungen und wenn Gitterstrom ins Spiel kommt auch deutlich höhere Ströme brauchen) in einer anderen Liga. Die 7027 braucht 60Vpp am Gitter für Vollaussteuerung, die GU50 mindestens 100V, bei 1000V Ua, vermutlich sogar mehr.
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von Kainit »

ferdimh hat geschrieben:
220k als Gitterableitwiderstand ist für die GU-50 um den Faktor 10 zu hoch.
warum? Signifikanter Gittestrom ist bei Ug2=250V nicht zu erwarten, außer man will das Ding richtig heftig treten. Da würde ich aber eher mit der Anodenspannung höher gehen.
Datenblatt der EL152/Nachkriegsversion der LS-50. Gleiches Innenleben, anderes Gehäuse. Angabe von Telefunken.
ferdimh hat geschrieben: Natürlich sind 50W für den Heimgebrauch mehr als genug. Der Punkt ist, dass das Heft die Problematik eines "ernsthaften" Kraftverstärkers ausklammert. Und wenn hier 100W aus GU50 angestrebt werden, dann werden sie angestrebt. Ich denke nicht, dass die wirklich nötig sind. Dann sind wir schon aufgrund der Verwendung von Senderöhren (die höhere Steuerspannungen und wenn Gitterstrom ins Spiel kommt auch deutlich höhere Ströme brauchen) in einer anderen Liga. Die 7027 braucht 60Vpp am Gitter für Vollaussteuerung, die GU50 mindestens 100V, bei 1000V Ua, vermutlich sogar mehr.
Ich habe diesen Leistungsfetischismus nie verstanden...
Die Angaben für die 7027 sind:
"Peak AF Grid-No.1-to-Grid-No.1 Voltage 60V"
Das bedeutet:
"Spitze NF Gitter-Nr.1-zu-Gitter-Nr.1 Spannung 60V"
Typische Ami-Angabe. Dort wird die Spannung von Gitter zu Gitter der Endröhren angegeben.
Ausserdem noch der Scheitelwert. Also sind es 30V Scheitel pro Röhre was eine Veff. von ca. 21V ergibt.

Für GU-50/LS-50/EL152 geben verschiedene Datenblätter für Ua=800V eine Ug1 von 36Veff an.
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ferdimh
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von ferdimh »

In meiner Welt sind 60Vpp 30V Scheitel oder 21Veff...
Bei der GU81 kam ich nach den Kennlinien auf 35Veff, also ca. 100V Spitze-Spitze.
Datenblatt der EL152/Nachkriegsversion der LS-50. Gleiches Innenleben, anderes Gehäuse. Angabe von Telefunken.
Anwendungsspezifisch?
Der Widerstand ist nie als "Wenn du mehr nimmst, brennts" zu verstehen, sondern als Maximum für zuverlässigen Betrieb unter einem bestimmten Satz Bedingungen. Hier wurde sicher Aussteuerung bis in den Gitterstrombereich als Grundlage angenommen (was bei einer Senderöhre ja auch üblich ist).
Die russischen Datenblätter schweigen sich dazu ganz aus.
In Röhrendatenblättern stehen leider recht oft Werte, die bei Zweckentfremdung recht nutzlos werden. Auch das mir vorliegende Telefunkendatenblatt schweigt sich dazu aus.
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Roehricht
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von Roehricht »

Hallo ,
bei Gitterstrombetrieb geht nur galvanische Kopplung mit der Treiberröhre. Ein Koppel-C lädt sich auf und das wars. Oder eben Übertragerkopplung. Ist teuer und beschneidet den Frequenzhgang.
Hier ist das oginööle DaBla von Telefunken.
http://frank.pocnet.net/sheets/043/l/LS50.pdf
Ganz runterrollen da kommt die Einstellung als NF Leistungsstufe.

@Ferdimh: 10mA Ruhestrom ist zu wenig, die Übernahmeverzerrungen sind da unangenehm zu hören. 20-25mA müssen es schon sein dann hat man immer noch ein Strom Aussteuerbereich von 100mA .
Allerdings alles in Englisch.
Wieso nur!!?? Die denglischen doch alle hier wie die grossen rum. Denn werden die wohl auch ein Text in komplett neudeutsch verstehen oder etwa nicht ? :mrgreen: :mrgreen: :mrgreen:

220k ist in Klasse B als Rg schon ok. In Klasse B2 tendiert er zu Null Ohm , den die Lampe will dann bis zu 20mAp Gitterstrom sehen, Ug1 ist da in der Spitze 20V+. Da steuert die Lampe bis auf 20V Anodenrestspannung runter. (armes Schirmgitter!!
Der Leistungsinnenwiderstand der GU-50/LS-50 betragt ca 160 Ohm .

73
Wolfgang
Matze
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von Matze »

Ich bin grad dabei das alles nochmal durchzuschauen.

Also;
Wenn ich mit Ub=800V und so weiter wie in dem Rechenbeispiel "nur" auf 75W komme reicht mir das höchstwahrscheinlich. Da werde ich die Ub net auf 1kV hochtreiben. Das ist mir dann langsam dann auch zu viel.
Ansonsten danke für die Rechnungen bis jetzt.
Kainit
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von Kainit »

Roehricht hat geschrieben:Hallo ,
bei Gitterstrombetrieb geht nur galvanische Kopplung mit der Treiberröhre. Ein Koppel-C lädt sich auf und das wars. Oder eben Übertragerkopplung. Ist teuer und beschneidet den Frequenzhgang.
Hier ist das oginööle DaBla von Telefunken.
http://frank.pocnet.net/sheets/043/l/LS50.pdf
Ganz runterrollen da kommt die Einstellung als NF Leistungsstufe.
Seite 3 unter 6.:
"Der im Steuerkreis maximal zulässige Widerstand...usw."
Da stehen ja die 25kOhm. Auch das Funkwerk Kölleda hat sich da dran gehalten.
Das waren sicher keine Hobbybastler.

Nebenbei: Wie beurteilt Roehricht/Funker die Schaltung von Wavebourn?

mfg
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ferdimh
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von ferdimh »

"Der im Steuerkreis maximal zulässige Widerstand...usw."
Das steht bei Gitterspannungsmodulation, nicht bei NF-Verstärkung. Das wird nicht ohne Grund bei NF-Verstärkung NICHT dranstehen.
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von Kainit »

ferdimh hat geschrieben:
"Der im Steuerkreis maximal zulässige Widerstand...usw."
Das steht bei Gitterspannungsmodulation, nicht bei NF-Verstärkung. Das wird nicht ohne Grund bei NF-Verstärkung NICHT dranstehen.
Is schon klar, bei NF wird die Gitterspannung nicht moduliert...
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ferdimh
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von ferdimh »

Du hast schon aufm Schirm, dass beim Betrieb einer Senderöhre in Gitterspannungsmodulation amplitudenmodulierter Voodoo zur Anode rauskommt, und das Modulationssignal UND die HF an das Gitter angelegt werden? Die Präsenz von HF erfordert "etwas" andere Betriebsparameter...
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von Matze »

Auch nochmal zu der Frage ob ein Phono Eingang vorgesehen war.

Ich bin jetzt tatsächlich am überlegen, ob ich mir einen Plattenspieler zuleg.
Aber da ist die Frage: Ist es besser den Phono-Vorverstärker gleich mit einzubauen oder doch 'n getrenntes Gerät?
Und wieweit muss so Vorverstärker aussehen?
Wie groß ist das Signal, das da vom Plattenspieler kommt?
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ferdimh
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von ferdimh »

Das Signal vom MM-Phonosystem ist klein (2mV), vom MC-System noch eine Zehnerpotenz kleiner.
Als Vorverstärker braucht es eine am Gitter rausch-und brummarme Röhre.
Dafür kommen eigentlich nur EF86 oder ECC808 in Frage.
Es macht also sinn, die EF86 für eine Phonovorstufe aufzuheben.
Bzgl getrenntem Aufbau oder nicht: ich denke dass das relativ egal ist. In jedem Fall ist heftiger Schirmungsaufwand erforderlich.
Matze
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von Matze »

Weiter Frage:
Kann es Probleme geben wenn man an einen AÜ einen Mehrwege-Lautsprecher (also ne Frequenzweiche) dran hängt?
Gibt es da Gefahr von Schwingungen, etc?
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ferdimh
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von ferdimh »

Der AÜ macht da keine Probleme, eher die hohe Quellimpedanz der Pentodenendstufe.
Und genau aus diesem Grund ist die Gegenkopplung der Kiste so unglaublich wichtig.
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Bastelbruder
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von Bastelbruder »

Hohe Quellimpedanz und wenig Gegenkopplung haben schon vielen sauteuren Markenanlagen zu ihrem authentischem Klang verholfen...
Matze
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von Matze »

So ich hab's mal selber auf gut glück mit dem Trafoberechnungen probiert.
Also:

Widerstandstransformation;
sqrt(Z/Z') = NS:NP
Z=Raa=10,8kOhm
Z'=4Ohm
--> NS:NP=1:52

Z'=8Ohm
-->NS:NP=1:37

Pout=75W --> EI106a (mit Reserven)

AV = F*AF=AP+AS

IPmax=250mA-->CuL 0,4mm

ISmax=sqrt(75W/4Ohm)=4.33A-->CuL1,56mm

AV=AP+AS =NP/520+NS/33

Zusammen mit NS=NP/37 (Für 8Ohm Klemmen)
--> NP= ca.3190 Wdg (Mit Mittelanzapfung bzw. 2x1595 Wdg)
-->NS=ca.86 Wdg ( Windungszahl zwischen 0-8Ohm)
-->NS= ca.63 Wdg (Windung zwischen 0-4Ohm)

(Zu den Formelzeichen:
NS,NP: Windugszahlen Sekundär/Primär
AV: Gesamtfläche des verwendbaren Drahtes
F: Füllfaktor
AF: Fläche des Wickelfensters
AP,AS: Fläche der Primär/ Sekundär Windungen)
Werte und so von http://www.roehrenkramladen.de/Trafowic ... /Twm3.html entnommen


Alles Zusammen:
EI106a Kern
Primärseitig: 2x1595Wdg
Sekundärseitig: 63 Wdg und 23Wdg (in Reihe)

So jetzt die Frage:
Ist der Zahlenhaufen da oben sinnvoll oder hab ich jetzt die letzte Stunde oder so verschwendet?
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ferdimh
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Re: Berechnen eines Röhrenverstärkers

Beitrag von ferdimh »

Der Zahlenhaufen geht von einem Netztrafo aus, bei einem Audioübertrager liegen die Prioritäten etwas anders.
Ich habe gerade nicht die Zeit genau darauf einzugehen, kann nur gerade mal den Gedankengang darlegen.
Bei der Trafoberechnung spart man sich Schmerzen, wenn man einheitlich in Effektivwerten oder Spitzenwerten rechnet.
Das Telefunken Laborbuch rechnet in Spitzenwerten, deswegen mache ich das ab jetzt auch so.
Wir legen den Trafo so aus, dass bei f=50Hz (kreisfrequenz omega=314rad/s) noch Vollaussteuerung möglich ist. Diese ist (bei Vorhandensein von linearisierender Gegenkopplung) mti 0,8T Flußdichtespitzenwert B anzunehmen.
Damit können wir bei gegebenem Kernquerschnitt A den magnetischen Flußspitzenwert berechnen (phi=A*B).
Die induzierte Spannung ist die Ableitung des Flusses mal der Windungszahl (U=N*dphi/dt).
phi ist nun sinusförmig (phi=phispitze*sin(2*pi*f*t), wir betrachten die niedrigste Frequenz, also phi=phispitze*sin(314*t).
Die Induzierte Spannung ist also Uspitze=2*pi*f*phispitze*N=314*phispitze*N.
Das ist so zu lösen, dass die Spitzenspannung auf Primärseite (ca 650V pro Zweig oder 1300V für das ganze Ding) zum Fluß passt.
Damit ist N der Primärwicklung (je nach Rechengrundlage eni Zweig oder für die ganze Wicklung) festgelegt.
Mit dem Verhältnis der Windungszahlen aus dem geforderten Übersetzungsverhältnis wird jetzt die Sekundärwicklung berechnet und der Draht so gewählt, dass beide Wicklungen draufpassen. Es ist eine gute Idee, der Primärwicklung etwas mehr als die Hälfte des Wickelraums zu geben, also den Primärdraht etwas dicker zu wählen und den Sekundärdraht etwas dünner.

Die Kerngröße kann man wenn man großzügig ist, wählen, indem man einen Netztrafokern für die doppelte Leistung nimmt, wobei beim HiFi-Betrieb auch einen kleineren Trafo (bis hin zu Netztrafo gleicher Leistung) verwenden kann. Dann wird der Draht dünner, die Verluste höher, und der Verhau erwärmt sich bei Dauervollgas zu stark, aber Dauervollgas ist eben auch nicht zu erwarten. Ich würde einen EI106b dagegen werfen (Oder das was man halt bekommt in entsprechender Leistung).
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