Druckluft mit ufffff (300 Bar)

Der chaotische Hauptfaden

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MatthiasK
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Re: Druckluft mit ufffff (300 Bar)

Beitrag von MatthiasK »

Die Luft wird beim Komprimieren heiß und beim Entspannen kalt. Die Erwärmung beim Komprimieren ist beachtlich. Beim Baumarkt-Kompressor will man nicht mehr an den Zylinder fassen, beim 5MW Turbokompressor kommt die Luft mit ca. 120°C aus der letzten Stufen, obwohl sie zwischen den Stufen gekühlt wurde. Die Luft muss aber auch einen nicht zu geringen Teil der Reibungsverluste mit abführen.

Bevor man jetzt die Luft flüssig machen kann, muss die Luft gekühlt werden. Der erste Schritt geht über den Kessel oder einen Kühler auf etwa Umgebungstemperatur, der zweite Schritt leitet durch den Regenerator, der ab dem zweiten Taktzyklus gekühlt ist.

Danach entspannt man die Luft an der Drossel, das kühlt dann noch etwas weiter. Die kältere Luft leitet man durch den zweiten Regenerator nach draußen, wodurch der Regenerator abkühlt.

Wenn der Regenerator durchgekühlt ist, werden die Regeneratoren getauscht. Die Luft ist dann schon kälter, wenn sie am Drosselventil ankommt und kühlt noch weiter runter. Nach einigen Zyklen müsste sie sich verflüssigen - sofern nicht zu viel Wärme von außen in die Anlage eindringt und nicht alles innerlich zufriert. Wasser und CO2 dürften die größten Störenfriede sein.

Das größte Problem sehe ich in der Wärmedämmung. Das Behältervolumen steigt in der dritten Potenz und die Oberfläche nur in der zweiten. D.h. eine Anlage mit 5MW hat sehr viel weniger Probleme mit schlechter Wärmedämmung als eine mit 500W. Somit ergibt sich eine untere Grenze, unter der die Anlage nicht mehr funktioniert. Diese hängt von der Wärmedämmung ab. Bei idealer Wärmedämmung könnte man die Luft aus einer Fahrradluftpumpe verflüssigen.

Aber die Anlagen im 19. Jhd. waren deutlich kleiner, als die Anlagen heute und so gute Dämmstoffe gab es auch nicht. Daher könnte ich mir vorstellen, dass sich so eine Anlage mit Heimwerkermitteln bauen lässt.
IPv6
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Re: Druckluft mit ufffff (300 Bar)

Beitrag von IPv6 »

Wenn du das Gas mittels Düse entspannst bleibt dir wieder nur der Joule-Thomson-Effekt. Bei 8 bar kommt da eine Abkühlung von höchstens 2 K zustande.
Die Verluste im System müssen also so gering sein, dass du mit nur 2 K Abkühlung pro Durchlauf am Ende trotzdem noch kälter wirst. Das macht den Eindruck, also würde das bis minus ein paar zehn °C funktionieren und dann mit jedem Durchgang immer ineffektiver werden bis die Verluste das bisschen erzeuge Kälte auffressen. Luft auf dem Basteltisch mit handelsüblichem Kompressor verflüssigen wird damit aber eher nichts.
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Carbon
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Re: Druckluft mit ufffff (300 Bar)

Beitrag von Carbon »

könnte denn ein Druckluftmotor als Entspannungsturbine dienen? so ein Stabschleifer wird nach einiger benutzung ja auch gut kalt.
Silvio
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Re: Druckluft mit ufffff (300 Bar)

Beitrag von Silvio »

IPv6 hat geschrieben: Do 24. Nov 2022, 10:15 nur 2 K Abkühlung pro Durchlauf
Luft-T-s.png
Je kälter es wird, je größer ist die erreichbare Abkühlung. Bevor ich mich zu weit aus dem Fenster lehne, möchte ich anmerken, dass ich relativ wenig Ahnung von diesem Thema habe, aber in meiner Vorstellung kann man diese Abkühlvorgänge aus dem T-s-Diagramm ablesen. Hier das für Luft.
Die roten Linen sind die Isobaren (gleicher Druck)
Die blauen sind die Isenthalpen (gleiche Enthropie)
Bei einer Entspannung an einer Düse, bleibt man auf der Isenthalpen. So kann man die neue Temperatur ablesen.

von 8 bar bei 20 Grad auf 1 bar erhält man 18,36 Grad
von 8 bar bei -20 Grad auf 1 bar erhält man -22,2 Grad
von 8 bar bei -100 Grad auf 1 bar erhält man -104,42 Grad

von 200 bar bei 20 Grad auf 1 bar erhält man -16,04 Grad
von 200 bar bei -20 Grad auf 1 bar erhält man -69,86 Grad
von 200 bar bei -100 Grad auf 1 bar erhält man -203,10 Grad (laut Coolpack-Rechner, also teilweise Verflüssigung)
Carbon hat geschrieben: Do 24. Nov 2022, 11:14 Druckluftmotor als Entspannungsturbine
Wenn er die Temperatur verträgt, ist das eine gute Idee, denn wenn man noch mechanische Energie beim Entspannen rauszieht, wird es kälter als bei der isenthalpen Entspannung an einer Düse.
Wie gesagt, mit vorgehaltener Hand. Man möge mich berichtigen ;-)
IPv6
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Re: Druckluft mit ufffff (300 Bar)

Beitrag von IPv6 »

Theoretisch mag das so stimmen.
In einem praktischen Aufbau auf dem Basteltisch mit allerhand Verlusten an allen möglichen Stellen wird es trotzdem mit Niederdruckkompressoren scheitern.

Die Idee mit der Luftverflüssigung nach Linde für die heimische Garage hatten bereits andere.
Im Netz findet sich ein einziger Fall mit scheinbar erfolreichem Ausgang, inkl. ein paar kurzer Videoschnipsel auf Youtube:
http://homemadeliquidnitrogen.com/

Und dann gibt es noch ein paar Versuche, die im Sand verlaufen, wie dieser hier mit einem Kühlschrankkompressor.
Der Versuch kommt noch nichtmal in RIchtung negativer Temperaturen, obwohl dem Kühlschrankkompressor schon eingangsseitig mit 8 bar aus einem weiteren Kompressor auf die Sprünge geholfen wurde.
https://www.youtube.com/watch?v=JLQ03qCPGzI

Das deutet doch sehr darauf hin, dass man in der Praxis recht schnell auf nur sehr schwer löstbare Probleme stößt und es eben doch nicht ganz so simpel ist.
Silvio
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Re: Druckluft mit ufffff (300 Bar)

Beitrag von Silvio »

Wenn man sich anguckt, was für einen Aufwand die Leute so betreiben, denke ich auch, dass mit 8 bar nichts zu gewinnen ist. Ist ja auch okay.
Mein Bauchgefühl sagt auch, dass man mindestens 2 kW elektrische Leistung für einen Kompressor investieren muss, um da weiter zu kommen. Wie schon oben erwähnt, es ist alles eine Frage der Isolierung. Wenn es groß wird, dann ist auch viel Fläche da, wo die Wärme durch kann, auch wenn das Oberflächen-zu-Volumenverhältnis mit der Größe besser wird.
Zuletzt geändert von Silvio am Fr 25. Nov 2022, 08:30, insgesamt 1-mal geändert.
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Alexander470815
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Re: Druckluft mit ufffff (300 Bar)

Beitrag von Alexander470815 »

Ich denke die zugänglichste Art sowas zu machen ist ein Stirling Kühler wobei die nur schwer zu bekommen sind.
Ein Preiswerter Gifford McMahon Kühler "Kaltkopf" läuft einem da schon eher über den Weg, den bekommt man immerhin mit Kältetechnik Komponenten ans laufen auch wenn das recht umfangreich wird.
Bei der Methode einfach kalte Oberfläche und daran kondensiert die Luft hat man eben den Vorteil das Verunreinigungen in der Luft keine Rolle spielen.
Silvio
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Re: Druckluft mit ufffff (300 Bar)

Beitrag von Silvio »

IPv6 hat geschrieben: Do 24. Nov 2022, 22:56 Die Idee mit der Luftverflüssigung nach Linde für die heimische Garage hatten bereits andere.
Im Netz findet sich ein einziger Fall mit scheinbar erfolreichem Ausgang, inkl. ein paar kurzer Videoschnipsel auf Youtube:
http://homemadeliquidnitrogen.com/
Mega, da hat es jemand wirklich geschafft. Top. Wir müssen das auch schaffen ;-)
MatthiasK hat geschrieben: Mi 23. Nov 2022, 23:52 Wasser und CO2 dürften die größten Störenfriede sein.
Sind Wasser und CO2 ein großes Problem? Wasser friert irgendwo aus, wenn es vor der Düse ist, sollte es kein Problem sein (in der Düse schon). Kann man ja auch vorher extern ausfrieren. CO2 wird zu Trockeneis, ab der Düse, bzw. bleibt . Ist das schlimm oder nur suboptimal?

Frage zum Thema Wärmetauscher:
Wenn man auf einen Druck entspannt, der ein Stück über Atmosphärendruck bleibt , vielleicht so 5 bar, dann ist die Rück/Gegenströmung im Wärmetauscher langsamer. Höhere Dichte der Luft wegen höherem Druck, bei gleichem Querschnitt und höhere Wärmekapazität pro Volumen. -> mehr Zeit für Wärmeübertragung bzw. kleinerer Wärmetauscher. Müsste sich das nicht positiv auswirken auf die Größe des Wärmetauschers?
Wo liegt das Optimum?
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